7 Schritte zu jedem Feel
Stell´ Dir vor: Du spielst mit Deiner Band einen Song und bekommst von Deinen Bandkollegen nur negatives Feedback.
Du fragst Dich: Warum zieht mein Spiel den Songs runter, obwohl ich doch die richtigen Noten im richtigen Rhythmus spiele?
Man könnte gemein sein und antworten: Korrekt spielen ist nicht genug. Es ist zwar die Voraussetzung aber alleine nicht ausreichend für einen richtig guten Groove des Drummers.
Was ist also die entscheidende „Zutat“ im unwiderstehlichen Spiel eines Schlagzeugers?
(Übrigens sollte man sich diese Frage als Schlagzeuger so früh wie möglich in der Lernphase stellen, wenn man noch für sich alleine spielt und nicht erst bei der Probe mit der Band oder sogar erst nach einem Auftritt!)
Was ist es denn nun??
Die Antwort auf die Frage geben die besten Drummer durch ihr Spiel: Das Feel ist entscheidend, also das dem Song zugrunde liegende Gefühl des Grooves.
Interessant ist, dass die besten Schlagzeuger ihr Können dadurch perfektioniert haben, indem sie solange zu Songs gespielt haben, bis sie das Feel perfekt wiedergeben und dann auch reproduzieren (= jederzeit wieder genauso wie beim ersten Mal herstellen) konnten.
Dir helfen dabei (nachproduzierte) Play-Alongs ohne Schlagzeugspur bei dieser Methode zuerst nicht. Gerade das Feel der Original-Drummer wird ja zur Erlangung des Ziels benötigt. Bist Du soweit, dass Du Dir sicher bist an das Original mit Deinem Feel heranzureichen, kannst Du Dir Dein Play-Along schnappen – und am besten eine Aufnahme machen. Der Vergleich mit dem Original ist hart aber bringt Dich extrem viel weiter.
In diesem Beitrag beschreibe ich Dir in 7 einfachen Schritten, wie Du ohne Noten einen Song mit dem richtigen Feel spielen lernst und wie Du die passende innere Haltung dafür entwickeln kannst.
Wichtig: Wähle einen Song aus, der Deinem aktuellen Level Deiner Spielfähigkeiten ungefähr entspricht, denn Du sollst von Anfang an mit dem Song mitspielen. Du sollst nicht erst wochenlang langsam Noten lernen und Dich mit dem Metronom schrittweise dem Tempo des Songs annähern.
Wenn Du „We Will Rock You“ nimmst ist das genauso ok, wie wenn Du zu „Satisfaction“ die ganze Zeit auf die Snare schlägst. Hauptsache Du spielst erstmal drauflos!
Am Ende dieses Beitrages füge ich Dir eine Liste mit Songs an, die geeignet sind für diese Methode. Die Liste ist so geordnet, dass es nach unten hin tendenziell schwieriger und/oder schneller wird.
Wichtig: Es geht bei dieser Lernmethode nicht um jede einzelne Note aus dem Original-Groove. In erster Linie geht es um das Gefühl eines Songs. Du kannst für den Einstieg völlig entspannt die Transkriptionen aus Deinen Schlagzeugmagazinen und Deine Drum Tabs aus dem Internet zur Seite legen und das folgende Konzept ausprobieren. Es kann Dir ein Begleiter sein, immer dann, wenn Du mit anderen Lernkonzepten nicht weiterkommst.
Auf geht´s!
1. Hören
Höre zu und höre zu! Höre Dir den Song mit Kopfhörern zuhause, über Lautsprecher, im Auto über die Lautsprecher, beim Busfahren über Kopfhörer und über die Lautsprecher Deines Smartphones an. Achte darauf, wie der Song jeweils unterschiedlich klingt.
Was fällt Dir generell an dem Song auf? Das kann sein: Die Klangfarbe der Gesangsstimme, die Melodie des Gesangs, die Klänge der Instrumente im Hintergrund, die Melodie eines Instrumentes, der Rhythmus des Schlagzeugs, der Groove, das Gefühl, der Text, die Atmosphäre.
Denke nicht zuviel nach, aber dennoch kurz :-)
2. Fühlen
Beginne dich selber immer stärker einzufühlen. Welches Gefühl drückt der Song für Dich persönlich aus? Wodurch spricht Dich der Song gefühlsmäßig an? Ist er nachdenklich, fröhlich, (an)klagend oder aggressiv? Was gefällt Dir genau an dem Song? Bewege Dich zur Musik, wenn möglich tanze (heimlich). So bekommst Du ein besseres (Körper-)Gefühl für den Song. Und Du lernst beim Tanzen (oder zaghaften sich Bewegen), dass man keine Angst davor haben darf sich lächerlich zu machen. Sei schamlos!! Das hilft Dir (später) auf der Bühne.
Beschäftige Dich mit dem Songtext. Übersetze bei einem fremdsprachigen Song drei (in Zahlen: 3) Wörter, die Du nicht verstehst. Das gibt Dir ein besseres Gefühl für die inhaltliche Stimmung des Songs.
3. Spielen
Beginne im Sitzen zur Musik mit den Händen auf den Oberschenkeln zu spielen bzw. zu schlagen und die Füße zu bewegen. Es muss nicht perfekt sein. Werde mit der Zeit immer ähnlicher mit dem was Du tust zu dem was Du hörst.
4. Nachmachen
Spiele nun am Schlagzeug. Mache genau das nach, was Du vorher schon gehört hast von dem Schlagzeug-Groove in der Musik und was Du ansatzweise auf Deinen Oberschenkeln getrommelt hast. Konzentriere Dich hauptsächlich auf die Snare und ihren Platz innerhalb der Musik. Hast Du das Snare-Feel erforscht, gekonnt imitiert und somit praktisch verstanden, kann dieser Song der Türöffner für die anderen 10.000+ Songs mit diesem Feel sein.
Gute Songs sind hierfür „Born In The USA“ von Bruce Springsteen und „Maneater“ von Nelly Furtado. Setzt Du die Snare genau an die richtige Stelle, dann klatscht Dein Publikum im Konzert mit der Snare mit und/oder beginnt sich zu bewegen und zu tanzen. Dieser Punkt ist also enorm wichtig für Dein Spiel.
5. Lernen
Das Basic-Feel der Snare sitzt jetzt. Lerne nun immer präziser das zu spielen, was Du in der Musik spürst. Werde eins mit der Musik. Kopiere genau das Gefühl des Songs.
Willst Du jetzt genau wissen an welchen Stellen Töne hinzukommen oder weggelassen werden (meist in der Bass Drum, oder es gibt Läufe über die Toms, sog. „Fill-Ins“), beschäftige Dich mit den Noten. Es ist nicht verboten, aber auch kein Muss.
6. Verinnerlichen
Werde immer mehr zur Lok, zum Macher. Sei nicht mehr der Wagon, der gezogen wird und passiv ist. Werde zum aktiven Motor der Musik, auch wenn Du hier „nur“ mit einem aufgenommenen Stück Musik spielst: Stelle Dir Mitmusiker vor. Stelle Dir neben Deiner Hihat einen Bassisten oder eine Bassistin vor. Auf der anderen Seite steht jemand der die Rhythmusgitarre spielt. Stelle Dir vor, wie Du zu Allen Kontakt aufnimmst und mit ihnen gemeinsam diese Musik erschaffst.
Erst wenn Deine Energie das Level der Musik erreicht hat, und der Song und Dein Spiel perfekt zusammen passen, hast Du den Song verinnerlicht. Immer wenn Du ihn nun spielst, klingst es so, als hättest Du den Drumpart des Songs erfunden.
Zur Erläuterung ein kurzer Einschub:
Du bist jetzt nicht mehr der Musikhörer von Schritt 1, der der fertigen Musik lediglich zuhört und sich anregen lässt. Du bist jetzt der Musikmacher, der die Musik energetisch mit viel Gefühl selbst erzeugt. Das ist der entscheidende Unterschied.
Spielst Du Musik mit der inneren Haltung eines Zuhörers, bist Du eine Lok, die lieber Wagon sein will. Du nimmst Deine Verantwortung als Anführer der Band nicht wahr und es fehlt Dein Beitrag zur gesamten Energie in der Musik. Du bist als Schlagzeuger die Lok! Solange Du neben dem Drumhocker stehst ist alles „easy“. Setzt Du dich darauf, verändert das Alles. Eine Band fordert automatisch und sofort Verantwortungsbewusstsein von demjenigen ein, der sich auf den Hocker gesetzt hat. Die anderen denken: „Der setzt sich dahin… ok, er wird schon wissen, was er kann und dass er es kann“.
Also sei der Richtige für den jeweiligen Job und wisse was im Vorfeld zu tun ist.
Nur wenn Du vorher für Dich selber alles geklärt hast und Dir Deiner Sache sehr sicher bist, kannst Du auch das Zepter in beide Hände nehmen und Deinem Führungsanspruch gerecht werden, der Dir Kraft Deines Amtes als Schlagzeuger zusteht ;-)
Deshalb gebe ich Dir diese Tipps! Sie helfen Dir dabei die entscheidenden Fähigkeiten zu entwickeln, die Dir Selbstvertrauen geben und Dich ermächtigen Verantwortung in einer Band übernehmen zu können.
Ende des Einschubes. Weiter im Text:
Die Meisterprüfung hast Du bestanden, wenn Du Deine innere Haltung (engl. „attitude“) auch alleine ohne den Song heraufbeschwören kannst und für die ungefähre Länge des Songs den Groove spielen kannst ohne das Tempo zu verändern und das Feel zu verlieren.
Positiv gesagt lauten Deine Aufgaben:
Tempo exakt beibehalten und Feel durchziehen. Schaffst Du das (mit der Zeit!) relativ locker, dann entsteht der Groove schon fast von ganz alleine.
Stelle Dir jeden neuen Durchlauf des Grooves als ersten Beginn vor. So bleibt der Groove die ganze Zeit frisch.
Dieses Vorgehen kostet noch mehr Energie, da ja die Musik als Energiespender fehlt. Nun musst Du alles selber machen: Tempo halten, grooven mit der richtigen Attitude, das Energielevel halten, inspiriert sein, das Feel die ganze Zeit beibehalten und dabei konzentriert bleiben.
Bedenke: Die Schritte 1. bis 5. können sich über mehrere Wochen hinziehen. Du musst nur wissen, welchen Lernschritt Du gerade durchmachst und was sein Ziel für Dich in der Gegenwart bedeutet. Frage Dich selber sehr ehrlich, ob Du schon bereit bist für den nächsten Lernschritt.
Du wirst die richtige Antwort finden.
Hast Du die Schritte 1. bis 5. in Ruhe und zielorientiert durchgespielt, dann ist dieser 6. Schritt die logische Folge und auch diese „Meisterprüfung“ kein Hexenwerk. Lieber wenige Songs amtlich im und mit dem entsprechenden Feel spielen können als viele nur so halb-gut.
Bleib dran! Lass´ Dir Zeit. Halte durch. Wisse: Das Einfache ist das Schwere.
7. Selbermachen
Überlege Dir jetzt, was Du anders machen könntest. Wie könntest Du dem Song Deinen eigenen Stempel aufdrücken könntest. Überlege Dir auch wie Du einen ähnlichen Groove mit dem aktuellen mischen könntest. Was könntest Du weglassen oder hinzufügen, ohne das das Feel des Grooves leidet oder gar verschwindet?
Hast Du fragen, schreibe am besten unten in die Kommentare.
Du kannst mir auch eine Email schreiben. Ich antworte auf alle Fragen.
Anregung: Lies´ zu jedem Song im Internet nach und lerne, worauf er sich musikalisch gründet. Viele Stile sind schonmal da gewesen. Und viele Songs knüpfen bei stilistischen Vorgängern an. Kennst Du diese Vorgänger, bekommst Du ein immer vollständiger werdendes Bild der (Pop)Musikgeschichte. Du bist dann ein kleiner Teil davon und kannst ein größerer werden.
Also, frisch ans Werk! Nur Mut und ein gutes Feel wünsche ich Dir.
Viel Spaß beim Schlagzeug spielen!
Nicolas
P.S.: Hier die Songliste, die ich von Zeit zu Zeit erweitere.
Lass´ Dich inspirieren auch von Songs, die Du eigentlich nicht magst. Am Schlagzeug diese Songs zu spielen, fühlt sich anders an, als sie lediglich zu hören:
We Will Rock You und Verwandte
Queen – We Will Rock You
Katy Perry – E.T.
Green Day – Boulevard Of Broken Dreams
Green Day – 21 Guns
Neil Young – Heart Of Gold
John Lennon – Imagine
Guns ´n Roses | Bob Dylan – Knocking On Heavens Door
One Republic – All The Right Moves
Joan Jett and the Blackhearts – I Love Rock ´n` Roll
Jessi J – Price Tag ft. B.o.B.
Immer feste auf die Snare
The Rolling Stones – Satisfaction
Roy Orbison – Pretty Woman
Hang On Sloopy
Langsam
Adele – Hello
Bryan Adams – Heaven
Pink Floyd – Wish You Were Here
Zum mitgrooven
Capital Cities – Safe And Sound
Rihanna – Only Girl
Avril Lavigne – Complicated
Coldplay – Yellow
Snowpatrol – Chasing Cars
Passenger – Let Her Go
Katy Perry – Roar
Christina Aguilera – Beautiful
Nelly Furtado – I´m like A Bird
Rihanna – Diamonds
Shaggy – It Wasn´t Me
Fun – We Are Young
Jay Z & Alicia Keys – Empire State Of Mind
Adele – Rolling In The Deep
AC/DC – Highway To Hell
Rihanna & Eminem – Monster
Michael Jackson – Billie Jean
Yes – Owner Of a Lonely Heart
Entspannt
Pink Floyd – Another Brick in The Wall
The Black Eyed Peas – Let´s Get It Started
Queen – Another One Bites The Dust
Michael Jackson – Thriller
U2 – One
The Police – Every Breath You Take
Mariah Carey ft. Boyz II Men – One Sweet Day
Bryan Adams – (Everything I Do) I Do It For You
Sara Bareilles – Love Song
Immer auf die Viertel
Kesha – Tik Tok
Katy Perry – California Gurls
Katy Perry – I Kissed A Girl
Aretha Franklin – Respect
Survivor – Eye Of The Tiger
Bon Jovi – You Give Love A Bad Name
Kinks – Sunny Afternoon
The Beatles – She Loves You
The Beatles – Michelle
„Pop aktiv“
Gharis Barkley – Crazy
Carly Rae Jepson – Call Me Maybe
Katy Perry – Hot N Cold
Madonna – Like A Virgin
Rockig
Wheatus – Teenage Dirtbag
Boston – More Than A Feeling
Nirvana – Smells Like Teen Spirit
Rockige Snare
Nelly Furtado – Maneater
Bruce Springsteen – Born In The USA
12/8
Pink Floyd – Shine On You Crazy Diamond
Alicia Keys – Fallin´
Alicia Keys – If I Aint Got You
Metallica – Nothing Else Matters
Queen – We Are The Champions